Kassel: Auestadion

Zu Besuch beim Spiel der Regionalliga-Südwest: KSV Hessen Kassel – SV Waldhof Mannheim am 21.09.2016. Zuschauer (offiziell): 3.722

Das Auestadion: Heimat des KSV Hessen Kassel, Schmuckoval und Wohnzimmer des Chefmährers.

DAS STADION

Man könnte sagen: Das Auestadion ist ein echtes Schmuckkästchen. Nur sind Kästchen meist eckig mit vier Geraden. Beim Auestadion müsste man wohl eher von einem Schmuckoval sprechen. In der städtischen Arena sind nämlich nicht nur die Kicker des KSV Hessen Kassel zuhause, sondern auch die Leichtathleten. Eine Tartanbahn sorgt dafür, dass die Ränge nicht direkt ans Spielfeld angrenzen. Die Zuschauer sitzen dem Linienrichter also nicht direkt huckepack auf der Schulter, so wie es sich viele Fußballfans mit Blick auf viele englische Stadien wünschen. 18.737 Zuschauer passen rein, davon müssen/dürfen etwa 9.000 stehen. Etwas verloren wirken die beiden überdachten Sitzplatztribünen, die sich abgetrennt links und rechts an die Haupttribüne anschließen. Trotzdem sind sie ein Charakteristikum des Auestadions – wo gibt’s das sonst noch?! KSV-Maskottchen “Chefmährer” Uwe Patzer sagt: „Sie sind schon merkwürdig. Aber besser, als wären da zwei Löcher. Und wenn sie mal voll sind, dann macht das schon was her.“ Das Auestadion wirkt blankpoliert. Kein Wunder: Bis 2010 hat man der traditionsreichen Spielstätte einen neuen Anstrich verpasst. Die Osttribüne wurde versitzplatzt und überdacht. Die Haupttribüne wurde neu hochgezogen und die Kurven aufgehübscht. Fußballromantikern wird beim Anblick des Auestadions auf jeden Fall das Wasser in den Augen stehen: Es gibt sie noch. Die Flutlichtmasten, die einem schon von weither zurufen: „Achtung! Hier steht ein Stadion“. Tatsächlich: Die vier Flutlichtmasten sind ein echter Hingucker. Gesamturteil: Etwas weitläufig, aber trotzdem ein Schmuckoval, das Geschichte atmet.

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DIE STIMMUNG




A propros Flutlicht. Die waren bei meinem Besuch in vollem Einsatz. Wegen der TV-Übertragung von Sport 1 wurde das Regionalliga-Spitzenspiel KSV gegen Waldhof Mannheim an einem Montagabend um 20:15h angesetzt. Das ist gerade für Auswärtsfans natürlich eine schwere Last, immerhin geht in dem einen oder anderen Fall ein Urlaubstag bei drauf. Oder man muss Dr. Holiday einen Krankenschein

Nordkurve, KSV-Fans

aus dem Kreuz leiern. Die Fans beider Lager haben mit Sprechgesängen und Spruchbändern ihrem Unmut darüber Luft gemacht. Andererseits bieten die Übertragungen natürlich auch dem Verein die Chance, sich einem bundesweiten Publikum zu präsentieren. Wie man es auch sieht: Flutlichtspiele haben auch ihren Charme. Knappe 4000 Zuschauer haben trotz Allem den Weg ins Auestadion gefunden. Die Waldhof-Anhänger, ich schätze sie mal auf runde 300, haben sich optisch und akkustisch nur selten zu erkennen gegeben. Wenn, dann meist mit Schmährufen. Bei den Heimfans sah das etwas anders aus: Neben den lautstarken Unmutsäußerungen über Sport 1 und der Spielansetzung, gab’s jede Menge Unterstützung für die Mannschaft. Das Intro mit Lamettakanonen konnte sich sehen lassen. Während des Spiels konnte die aktive Szene sogar weite Teile der „Ost“ zu Wechselgesängen animieren. In den gesamten 90 Minuten kann ich mich an nur eine Stimmungspause erinnern. Als man von den KSV-Fans verlangte, das TV-wirksame „Sch*** Sport1“-Banner abzunehmen. Das sorgte eine kurze Zeit lang für entsetztes Schweigen. Gesamturteil: Vor allem im Bereich der Nordkurve lautstark. Haupttribüne war haupttribünentypisch behäbig.

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DAS SPIEL

Nichts für Fußballästheten. Beide Mannschaften haben sich auf gutem Regionalliganiveau neutralisiert. Die erste Halbzeit ging optisch an die Kasseler. Die zweite ging ans Catering. Man konnte sich locker „Ahle Wurscht“ und Pilsbier holen, ohne Angst haben zu müssen, Etwas zu verpassen. Aber ums mal ins Positive zu verkehren: Für Freunde von Taktik und Defensivverhalten war das Spiel ein echter Leckerbissen. Echte Torchancen? Eins, zwei, vielleicht drei. Gesamturteil: Wie schon gesagt: Nichts für Fußballästheten.


FAN ODER KUNDE? DER BRATWURSTFAKTOR

Famous in Nordhessen: Die „Ahle Wurscht“. Die gibt’s auch im Stadion. Ich finde sie wirklich sehr lecker und empfehlenswert. Aber das muss jeder selber wissen. Schön finde ich aber, dass diese regionale Eigenheit ihren Platz im Stadioncatering findet. Toll ist auch, dass man in bar bezahlen kann. Okay, das ist in der Regionalliga zwar normal. Aber weil ich mit digitalen Bezahlmethoden auf Kriegsfuß stehe und das ja leider in den oberen Ligen um sich gegriffen hat, will ich es hier dennoch lobend erwähnen. Bier war okay, so la la. Bratwurst gibt’s auch. Die Tickets: Teuerstes Ticket kostet 18 Euro für einen überdachten Sitzplatz, Mitte Haupttribüne. Ich finde, es ist noch im Rahmen. Stehplatz Nord kostet 8 Euro. Auch das ist meiner Meinung nach okay. Bis auf die Haupttribünenplätze gibt’s überall auch Ermäßigungen. Gesamturteil: Fan oder Kunde? Ich finde: Hier bin ich Fan, hier kann ich sein.


ANREISE

Öffis: Wer aus der Stadt kommt, hat es leicht: Einfach irgendwo in die Linien 5 (Ri. Baunatal) oder 6 (Ri. Brückenhof) steigen. Vom zentralen Köngsplatz sind’s gerade mal fünf Stationen. In 10 Minuten ist man da. Etwas mehr Zeit brauchen Auswärtige: Vom ICE Bahnhof Wilhelmshöhe kann man die Regiotram-Linie 5 nehmen. Die fährt auch direkt bis vor das Stadion, in der Regel halbstündig. Wer die halbe Stunde nicht warten will, muss erstmal mit einer Tram zum Rathaus fahren und da dann in o.g. Tramlinien 5 und 6 umsteigen. ACHTUNG: In Kassel gibt’s das ausgeklügelte RegioTram-System. Bei meiner ersten Fahrt habe ich die Regiotram-Linie mit den „normalen“ Trams verwechselt. Die „Normalen“ haben nur die Zahl als Linienbezeichnung, die Regiotrams heißen immer „RT“ und dann die Nummer, z.B. „RT 5“.

Anfahrt Auestadion

(Quelle: Google Earth)

Auto: Wer das Auestadion mit dem Auto nicht findet, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Das Auestadion hat seine eigen Autobahnabfahrt von der A 49. Von da aus fährt man direkt drauf zu. Außerdem: Großzügige Ausschilderung.  Also: Nicht zu verfehlen. Gesamturteil: Verkehrsanbindung – keine nennenswerten Probleme.  





NICE TO KNOW – DAS ANGEBERWISSEN

  • – Die Stehtribünen wurden auf Kriegsschutt gebaut
  • – Es gibt einen Tunnel, der vom südöstlich angrenzenden Trainingsgelände unter der Tribüne hindurch ins Stadioninnere führt
  • – Das Auestadion Kassel war Austragungsort zweier DFB-Pokalendspiele: 1958 gewann der VfB Stuttgart in einem hochdramatischen Finale gegen Fortuna Düsseldorf (4:3 n.V.). 1959 siegte der ETB Schwarz-Weiß Essen gegen Borussia Neunkirchen mit 5:2.

LINKS:

KSV Hessen Kassel – Homepage

Ein Kommentar

Uwe Chefmährer

Herzlichen Glückwunsch zum ersten Beitrag! Tolle Bilder, gut recherchiert und natürlich ein überragender “Hauptdarsteller”: Das Auestadion. Nur der Komparse mit Sprechszenen….
Klasse gemacht. Macht Lust auf mehr und wird irgendwann DAS Kompendium für Fussballstadien in Deutschland. Weiter so!

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