Esens – Stadion an der Peldemühle

TuS Esens von 1861/1926 e. V. – SV Hage I. Herren 2:4, 01.09.2020
🗓 58/2020
🏟 487
👨‍👩‍👧‍👦 102
⚽️ Bezirkspokal Weser-Ems (Bezirksliga vs Bezirksliga)

PODCAST “FUNKHAUS HABEDURST”
“Im Schatten der Mühle”

Holger Janssen, früher Oberligakicker beim TuS Esens, heute 1. Vorsitzender:
“Wir sind eine echte TuS-Familie.”

Urlaub ohne Fußball ist nicht wirklich Urlaub. Und deshalb hat Gotthilf auch vorgesorgt, um an den freien Tagen keinen Mangelerscheinungen anheim zu fallen. Vom Urlaubsort an der Nordseeküste ging es etwa eine halbe Stunde landeinwärts. Das kleine Städtchen Esens hat schließlich einen Fußballverein zu bieten, der eine hochinteressante Geschichte sein eigen nennt.

6.000 Einwohner zählt Esens, die kleine Stadt in Ostfriesland. Dass es eine so kleine Stadt, dazu noch in einer spärlich besiedelten Region, schafft, zu einer Oberligastadt zu werden, ist sicher ungewöhnlich. In Esens wurde das kleine Fußballwunder aber wahr. Das war im Jahr 1989. Aber wie war das damals möglich?

Wo andernorts das große Geld für wunderliche Fußballaufstiege sorgt, war das in Esens nur bedingt der Fall. Vater des Erfolges war Wilhelm Ebrecht. “Der war damals Schulrat und unter anderem für die Verteilung der Lehrer auf die Schulen zuständig”, erinnert sich Holger Janssen im Podcast “Funkhaus Habedurst”. Janssen ist 1. Vorsitzender und ehemaliger Oberligaspieler beim TuS. Ebrecht sorgte dafür, dass Pädagogen, die gut kicken konnten, nach Esens kamen.

Außerdem brachte er seinen Schützlingen, nahezu alles Eigengewächse aus der Region, Disziplin und Professionalität bei. Leistungen wurden mit Schulnoten bewertet und auch Nachsitzen war im Zweifelsfall angesagt, heißt es in Hardy Grünes “Legendäre Fußballvereine in Norddeutschland”. Zudem wussten die Spieler schon in der Woche vor dem Spiel die Tricks ihrer Gegenspieler. Wilhelm Ebrecht soll sogar Bodenproben vom nächsten Auswärtsplatz mitgebracht haben, damit die Spieler das richtige Schuhwerk wählen konnten. All das führte dazu, dass der TuS Esens innerhalb von sechs Jahren von der 1. Kreisklasse in die Verbandsliga emporstieg.

Der größte Erfolg des Vereins ist zugleich untrennbar verbunden mit dem wohl größten Spiel der Vereinsgeschichte. “Ganz klar. Das war 1989 das alles entscheidende Spiel in der Aufstiegsrunde zur Oberliga. Gegner war der VfB Lübeck”, erinnert sich Holger Janssen, der damals noch als Balljunge dabei war. Im Stadion an der Peldemühle drängten sich 6.000 Zuschauer dicht an dicht. Nachdem die Gäste mit 0:1 in Führung gingen, drehte Esens das Spiel. 2:1 war der Endstand, der den kleinen TuS in die Oberliga hievte. “Das war damals eine Riesensache. Wir sind zu tausenden auf unseren kleinen Marktplatz hier in Esens gepilgert und haben wie wild den Aufstieg gefeiert”, erinnert sich Olaf Janssen im “Funkhaus Habedurst”. Damals entstand auch der Slogan “Nichts ist unmöglich – TuS Esens”.

In der Oberliga konnte der TuS zunächst nur ein Jahr verbringen. Danach folgte ein stetiges Auf- und Ab. Trainer Ebrecht wechselte von der Trainerbank auf den Bürgermeister-Sessel der Stadt Esens. Trotzdem konnte sich der TuS weitestgehend überregional halten. Von 1994 bis 1996 war sogar nochmal die Oberliga drin für die Ostfriesen. Heute spielen sie leider nur noch in der Bezirksliga. Aber die Erinnerungen an die goldenen Zeiten, die kann den Esenser Fußball-Enthusiasten niemand mehr nehmen.

Schon gar nicht nehmen, kann man ihnen ihr schönes, kleines Stadion an der Peldemühle. Oder doch? Der Platz soll demnächst erneuert werden. Der Rasen weicht einem Kunstrasen. Auch die Tribüne wird sich verändern. “Die Statik der Überdachung ist nicht mehr so ganz astrein”, berichtet Holger Janssen. Aber er versichert auch: “Sie bleibt in ihrem Charakter erhalten. Auch ein Dach kommt wieder drauf.” Das Ganze soll in absehbarer Zeit geschehen.

Kleiner Exkurs: Die namengebende Peldemühle steht direkt neben dem Stadion und ist heute ein Museum. Eine Peldemühle hatte übrigens die Aufgabe Getreide zu schälen. Das heißt “von den fest mit dem Korn verwachsenen, beim Dreschen nicht abfallenden Spelzen zu befreien (Entspelzen). Die Spelzen sind für den menschlichen Organismus unverdaulich und würden die Geschmacks- und Kaueindrücke negativ beeinflussen.” So zumindest heißt es auf Wikipedia.

Mit der Renovierung des Stadions an der Peldemühle will sich der Verein fit machen für die Landesliga. “Da wollen wir wieder hin”, gibt Janssen das Ziel vor. Dazu bedürfte es eines Aufstiegs. Am Abend von Gotthilfs Besuch war auf jeden Fall erstmal ein heißer Pokalfight angesagt. Der TuS unterlag den Gästen aus Hage, weil die aggressiver in den Zweikämpfen waren (teilweise auch übertrieben hart) und weil sie ihre Chancen effektiver nutzten. Esens spielte, Hage netzte. Und so war die Bezirkspokalsaison für den TuS auch schon wieder vorbei, bevor sie richtig angefangen hatte.

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