Oberursel-Weißkirchen – Sportanlage Oberurseler Straße

Sportplatz Memeler Straße, 1. FC 06 Weißkirchen – EFC Kronberg 3:3, 10.09.2020
🗓 62/2020
🏟 489
👨‍👩‍👧‍👦 90
⚽️ Kreisoberliga Hochtaunus

PODCAST FUNKHAUS HABEDURST

Gotthilf mit dem Holzmichel und Patrick vom 1. FC 06 Weißkirchen.

Zwischen Enttäuschung und Überraschung liegt manchmal nur ein Augenaufschlag. Mit dem Fahrrad unterm Hintern radelte Gotthilf nach der Arbeit raus aus Frankfurt in die Kleinstadt Oberursel, die irgendwie eingeklemmt ist zwischen den Wolkenkratzern der Bankenmetropole und den stolzen Bergen des Taunus. Nachdem Gotthilf aber schon neulich vom Ground in Oberursel-Oberstedten angetan war, dachte er bei sich: Diese Stadt musst du dir nochmal genauer angesehen. Die Enttäuschung gleich zu Beginn: NEBENPLATZ :-O

Doch jeder Enttäuschung wohnt auch eine Chance inne, zumindest wenn man wie Gotthilf den Drang hat, einen positiven Blick auf die Welt zu werfen. Einmal die Nase gerümpft, die Augen zu und wieder aufgemacht, entdeckte Gotthilf, dass auch der Nebenplatz seine Geschichten produziert. Denn die ehemalige Kuhweide hat offenbar eine Neigung zur Neigung. “Auf die 100 Meter Länge haben wir 1,20 Meter Gefälle. Dazu ist der Platz auch zur Seite hin schief”, berichtet der Holzmichel, einer der Weißkirchener Edelfans. Und tatsächlich: In Weißkirchen kommt man deutlich sichtbar aus der Schiefe des Raumes.

Klar wird beim Betrachten auch: Wer da von unten nach oben spielen muss, der hat eine ordentliche Steigung zu bewältigen. Im Vorteil ist derjenige, der mit diesen Bedingungen seit Jahren vertraut ist: Nämlich der 1. FC 06 Weißkirchen. “Der schiefe Platz hier ist unser Trainingsplatz”, berichtet Weißkirchen-Fan Patrick, “die Gastmannschaften, die anreisen, sind überhaupt nicht begeistert, wenn sie das hier sehen.” Die Weißkirchener hingegen machen sich nichts aus dem Gefälle. “Ganz ehrlich: Ich habe hier 20 Jahre drauf gespielt. Ich merke das gar nicht mehr, dass der Platz schief ist.”, sagt Holzmichel.

Die Gegner hingegen sind durchaus beeindruckt von der Steigung. “Das ist vielleicht der größte Nachteil für die Gegner: Die Psyche. Wenn die hier sehen, dass sie hoch rennen müssen, dann sind sie erstmal beeindruckt.”, berichtet Patrick im “Funkhaus Habedurst”. “Wir fangen von oben nach unten an”, sagt Holzmichel. Begründung: Wenn Weißkirchen am Anfang Gas gibt und seine Chancen zur Führung nutzen kann, dann hat der Gegner in der zweiten Hälfte umso mehr Schwierigkeiten, mit müderen Beinen im Hochlaufen noch den Ausgleich zu machen.

Nicht nur den Höhenunterschied wissen die Weißkirchener zu nutzen. Auch marode Tornetze haben schon für Erfolgserlebnisse beim 1. FC 06 gesorgt. “Im vergangenen Jahr hatten wir hier im Kreispokal ebenfalls den EFC Kronberg zu Gast, wie heute Abend. Wir haben im Viertelfinale gewonnen. Und zwar weil ein Loch im Netz war. Da haben wir ein Phantomtor geschossen und sind dadurch eine Runde weitergekommen.”, erinnert sich Holzmichel. Wie ging das? “Wir hatten alte Netze, die wir mit Kabelbindern am Pfosten fest gemacht hatten. Ein Schuss hatte offenbar zuvor eine Verbindung gelöst. Und beim zweiten Tor ging der Schuss eigentlich neben das Tor, durch die offene Stelle zappelt er dann aber doch im löchrigen Netz. Der Schiedsrichter hatte das nicht gesehen und das Tor für Weißkirchen gegeben. Er hatte zwar vor dem Spiel die Netze kontrolliert und da schon leicht moniert, dass die Kabelbinder nicht die optimale Lösung seien. Aber unternommen hat er dagegen offenbar auch nichts”, erinnert sich Holzmichel mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen.

Ein bisschen Geschichte hat der 1. FC 06 Weißkirchen natürlich auch geschrieben. Pünktlich zum Jubiläumsjahr 2006 wollte der damalige Bezirksligist in die Gruppenliga aufsteigen. Das gelang auch mit hohem Kraftaufwand. Leider war das Mitwirken in dieser Liga lediglich eine einjährige Stippvisite. Und so fanden sich die Weißkirchener nach nur einer Saison erneut in der Kreisoberliga wieder.

Das Spiel Weißkirchen gegen Kronberg war nichts für schwache Nerven. Eine emotionale Achterbahnfahrt. Die Torfolge: 0:1, 1:1, 2:1, 2:2, 3:2 und dann am Ende in der 90+4. Minute doch noch der Ausgleich für die Gäste. Für einen neutralen Zuschauer wie Gotthilf war das natürlich ein Freudenfest.

Für die Fanschar des 1. FC 06 Weißkirchen war es eher eine emotionale Achterbahnfahrt. Sie hatten sich etwa auf Höhe der Mittellinie um eine Bierbank versammelt und ihre Farben während des Spiels mit allerlei Sprüchen und Motivationsrufen unterstützt. Fehlt eigentlich nur noch, dass sie auch singen. Aber vielleicht wäre das genauso wie der Platz: Einfach schief!

Die ganz, ganz extrem wichtigen Hinweise zum Schluss:
– kulinarisch bietet der 1. FC 06 Weißkirchen die Rhein-Main-typische Rindswurst, dazu Brezeln.
– Normalerweise spielt Weißkirchen immer auf dem Hauptplatz mit einigen Stufen. Nur bei Abendspielen, die den Einsatz von Flutlicht notwendig machen, weicht der Verein auf den schiefen Nebenplatz aus.

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