Wer wissen will, ob er ein kompliziertes Wort korrekt geschrieben hat, schaut in den Duden. Wer wissen will wieviel eine Briefmarke wert ist, der schaut in den Michel-Katalog. Wer aber wissen will, ob ein Ground „was kann“, der kommt an Europlan nicht vorbei. Es ist das wohl größte Online-Mitmachportal zum Thema Fußballstadien. Wer einen Ground googelt, bekommt meist zuallererst die entsprechende Europlan-Seite angezeigt. Allein für Deutschland sind mehr als 11.000 Fußballplätze verzeichnet. An die 70.000 Bilder illustrieren die vielfältige, deutsche Groundlandschaft. Grund genug für Gotthilf, mit den Machern des Online-Standardwerks für Groundhopper zu sprechen. Thomas Schips hat Europlan vor mehr als 15 Jahren gegründet und ist redaktionell verantwortlich für die Inhalte. Timo Klaiber ist der Programmierer und Webdesigner, kümmert sich also vornehmlich um die technischen Komponenten der Seite.
Europlan ist ja das größte, womöglich verlässlichste Mitmach-Portal für Groundhopper im Netz. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Thomas: Das ist mehr oder weniger aus Spaß an der Freude entstanden. Bevor wir damit ins Netz gegangen sind, gab es ja schon viele Jahre die Print-Ausgabe von Europlan. Das war noch vor dem Internet-Zeitalter. Das war ein Heft mit Spielplänen aus allen möglichen deutschen und europäischen Ligen. Das Ganze war als Ergänzung zum damaligen Groundhopping-Informer gedacht. Damals habe ich begonnen Bilder anzulegen, aber alles noch sehr amateurhaft. Aufgrund des damaligen Aufrufs in der Print-Ausgabe hat sich dann relativ schnell ein kleines Netzwerk von interessierten Helfern entwickelt. Und die haben uns dann ihre Bilder bereit gestellt. Dann kam das Internet und die ganze Idee ging online.
War es denn von Anfang an so gedacht, dass dort Jeder mitmachen kann?
Thomas: Der Gedanke war schon da, aber das war nicht so einfach. Jeder konnte mir zwar seine Bilder per Mail zuschicken, aber es war dann meine Arbeit, es dann alles anzulegen und reinzustellen. Das hat zunächst enorm viel Zeit in Anspruch genommen.
Von außen betrachtet, scheint Europlan auch heute eine sehr aufwändige Seite zu sein. Wieviel Zeit nimmt es in Anspruch, das alles zu pflegen?
Thomas: Das ist unterschiedlich. Es gibt Tage, da verbringt man mehrere Stunden damit. Es gibt auch Tage, da gibt es “nur” ein paar Bilder zu Stadien, die freigeschaltet werden müssen. Dadurch, dass wir zu mehreren Leuten sind, die mitpflegen, wird’s dann doch einfacher.
Wieviele Menschen sind denn an Europlan beteiligt?
Thomas: Es sind vier, fünf Leute, die regelmäßig dabei sind. Und dann nochmal die gleiche Anzahl, die einzelne Länder pflegen. Besonders hervorzuheben sind da David Zimmer, der die deutschen Ligen, Stadien und Vereine pflegt und ausbaut. Er ist einer der maßgeblichen Gründe dafür, dass wir gerade bei deutschen Fußballplätzen so gut aufgestellt sind. Auch unser Schweizer “Stecki” ist ein wichtiger Mitarbeiter. Der hat viele Grounds aus seinem Land eingepflegt und außerdem kümmert er sich um die asiatischen Ligen.
Timo, bist du als Programmierer dann an den alltäglichen Prozess beteiligt, zum Beispiel wenn Bilder reinkommen?
Timo: Beteiligt bin ich dann nur noch, wenn Fehler auftreten. Angefangen hat das so: Die Basis war die statische Webseite von Thomas. Aus diesen Daten musste ich erstmal eine Datenbank aufbauen. Da hatte ich einen hohen technischen Aufwand. Mit der alltäglichen Arbeit bin ich dann eigentlich gar nicht mehr beteiligt. Nur, wenn eben Fehler auftreten, oder wenn Wünsche von den Nutzern oder Mitarbeitern kommen. Dann versuche ich, denen das Leben technisch zu erleichtern.
Was können das für Fehler sein?
Timo: Mit dem Uploadprozess gibt es hin und wieder mal Fehler. Da musste ich auch diesen ganzen Prozess mal neu programmieren.
Thomas: Es tun sich glaube ich immer noch viele Leute schwer, sich mit dem Upload anzufreunden. Wenn man es einmal verstanden hat, dann geht es auch gut. Es gibt Pläne, das Ganze zu erneuern. Aber da brauche ich halt nochmal Zeit dafür.
Wie finanziert ihr denn die Arbeit?
Thomas: Das ist ein Hobbyprojekt. Ich wollte keine Seite, auf der überall Werbung aufploppt. Wir haben zwar so ein paar ganz kleine Werbungen drin, aber die werden durch Adblocker größtenteils ausgeknipst. Wir haben halt die Serverkosten. Die sind auch in letzter Zeit gestiegen, weil die Seite immer bekannter geworden ist und wir mehr Zugriffe hatten. Und diese Kosten versuchen wir zu decken. Und deswegen haben wir dezent Werbung eingesetzt.
Wie habt ihr es denn hinbekommen, dass ihr von einem Print-Magazin zu einer verlässlichen Online-Marke geworden seid?
Timo: Das war nicht geplant und hat sich erst im Laufe der Zeit so ergeben. Es sind einfach immer mehr Ligen und Bilder dazu gekommen. Auf einmal waren es komplett bebilderte Ligen. Und deshalb wurde das auch für viele Menschen so interessant.
Wieviel Bildmaterial kommt da so pro Woche bei euch an?
Thomas: Sehr unterschiedlich. Zwischen 100 und 500 Bildern. Manchmal machen sich auch Spezialisten ans Werk. Aktuell ist der rumänische Kollege wieder dran und haut einiges an Bildern rein. Es gibt nur ganz selten mal Tage, an denen gar keine neuen Bilder ankommen.
Was müssen eigentlich die Bilder für Voraussetzungen erfüllen, damit sie auch veröffentlicht werden?
Thomas: Wenn sie qualitativ nicht so toll sind, wie die, die zum gleichen Stadion schon drin sind, dann lassen wir sie weg. Oder, wenn zu einem Ground schon viele Bilder drin sind, dann nehmen wir auch neue nicht unbedingt dazu.
Was macht denn für euch ein gutes Bild aus?
Thomas: Ein qualitativ gutes Bild von einem alten, verranzten Stadion aus einer guten Perspektive, das ist schon das, was mir am besten gefällt. Zu Beginn habe ich viele Bilder noch nachbearbeitet und verbessert. Aber das ist nun zeitlich schon lange nicht mehr machbar.
Timo: Bei mir es es so, dass ich mittlerweile ein Faible für Stadion-Hintergründe habe. Also, wenn im Hintergrund was schönes zu sehen ist. Am besten markante Bauwerke, wie eine schöne Kirche, eine Burg oder ein Schloss. Und vor allem auch unterklassig, wenn da der Hintergrund in den Fokus rückt, denn in den großen Stadien sieht man ja meist vom Drumherum nicht viel. Also: Schöne Panoramen sind inzwischen meine Lieblingsbilder.
Ist euch schon mal außergewöhnliches passiert? Zum Beispiel, dass Jemand ein falsches Bild geschickt hat vom Geburtstag der Oma?
Thomas: Das war eigentlich immer so meine Angst, dass da mal sowas kommt. Aber das ist bisher ausgeblieben. Einmal haben wir aber eine Anzeige angedroht bekommen. Auslöser war die Übersichtskarte eines bekannten deutschen Sportgeländes. Und auf diese Übersichtskarte hat Jemand ein Eigentum drauf. Das heißt: Wenn du das veröffentlichst, dann brauchst du eine Genehmigung und musst Geld dafür bezahlen. Diese Übersichtskarte hatte einer abfotografiert, bei uns eingesendet und ich habe es dann eingestellt, ohne mir böses dabei zu denken. Das stand dann auch zwei Jahre da drin. Und plötzlich hatten wir ne Klage am Hals mit fünfstelliger Summe. Da wurde es uns dann ein bisschen anders.
Timo: Allerdings. Wir hatten uns dann entschieden, die Seite erstmal komplett offline zu stellen. Die war dann über mehrere Wochen komplett vom Netz. Bis wir das dann intern geregelt haben und dann auch die ganzen Stadien mal durchgegangen sind, ob da noch mehrere solcher Pläne abfotografiert waren.
Thomas: Da waren wir dann zu dritt dran. Das war eine Heidenarbeit. Und nach der Durchsuchung haben wir die Seite dann wieder online gestellt.
Wo soll es denn noch hingehen mit Europlan? Wie sieht die Zukunft der Seite aus?
Timo: Aus meiner Sicht wäre es nicht schlecht, das Design zu erneuern. Das habe ich schon seit längerem vor. Und außerdem wollen wir die guten Bilder mehr in den Vordergrund stellen, damit das ein bisschen mehr in den Fokus rückt.
Hat Europlan eigentlich natürliche Wachstumsgrenzen? Zum Beispiel Serverkapazitäten?
Timo: Wir hatten vor einiger Zeit den Fall, dass wir gemerkt haben, dass meine ursprüngliche Programmierung nicht mehr dafür ausgelegt war, dass sie so stark frequentiert wird, wie es jetzt der Fall ist. Da gab es dann immer wieder Ausfälle, wenn zu viel los war auf der Seite. Dann musste ich mich hinsetzen und die Struktur komplett neu aufbauen. Aber jetzt sind wir gut aufgestellt und die Programmierung wird noch ne Weile halten.
Gibt es Pläne, neue Funktionen zu Europlan hinzuzufügen?
Timo: Gedankenspiele gab es da schon immer mal wieder. Das ging so in Richtung Community. Aber so richtig konkret ist das nicht geworden. Angedacht ist immer viel, aber neben dem Beruf dafür noch Zeit zu finden, ist nicht immer einfach. Wir machen Europlan ehrenamtlich. Durch verschiedene Formate haben wir versucht, die Einnahmen zu erhöhen, was aber nicht wirklich erfolgreich war. Aber wie gesagt: die Seite mit Werbung zuzupflastern wollen wir auch nicht.
Bekommt ihr eigentlich auch Rückmeldung von den Europlan-Nutzern?
Thomas: Es gibt jetzt nicht die große Anzahl von Rückmeldungen, aber wenn mal eine kommt, dann ist sie immer positiv. Und das ist dann auch das, was es am Leben erhält.
Timo: Schön ist es, wenn man unterwegs ist und dann Leute trifft und die dann sagen: „Klar, wir nutzen Europlan.“, dann stellt einen das zufrieden.
Thomas: Es gibt schon tolle Storys, wie zum Beispiel von nem kleinen Stadion auf Teneriffa, genauer gesagt der “Campo de futbol El Mayato” von UD Chio. Das ist was unterklassiges. Das habe ich morgens mal beim Spazierengehen fotografiert. Die haben dann irgendwann gesehen, dass das bei Europlan drin ist und hatten einen Heidenspaß damit und haben es gleich geteilt unter dem Motto: Hurra, wir sind bei Europlan drin.
Erfüllt euch das irgendwie auch mit Stolz auf eure Arbeit, dass Europlan so ne beliebte Anlaufstelle ist?
Timo: Da sind wir schon auch ein bisschen stolz drauf. Jetzt wäre es nur wünschenswert, wenn noch ein paar mehr Leute mitarbeiten würden bei der Pflege. Weil es echt ein Riesenaufwand ist, nach der Saison dann alles wieder umzustellen, Aufsteiger und Absteiger neu zuzuordnen und die Ligen zu aktualisieren.
Welche Art von Mitstreitern sucht ihr denn genau?
Thomas: Leute, die Lust haben bei diesen redaktionellen Arbeiten mitzumachen. Also vor allem beim Updaten nach der Saison. Aber wir könnten auch Leute gut gebrauchen, die einzelne Länder pflegen. Da haben wir Gott sei Dank auch schon einige Leute dabei.
Und wie sieht es aus mit Nutzern, die Bilder einschicken. Braucht ihr da auch noch mehr?
Timo: Da könnten wir schon auch noch mehr Leute gebrauchen. Es gibt ja noch viele, nicht bebilderte Sportplätze bei uns. Da wäre es gut, da noch Bilder zu bekommen. Bei manchen Grounds könnten wir auch aktuellere Bilder gebrauchen.
Kommen wir mal zu euch persönlich: Wenn Jemand so ne Seite betreibt, kann man davon ausgehen, dass er auch selber ein Faible für Fußballstadien hat, oder?
Thomas: Na klar. Man muss ja schon auch ein bisschen verrückt sein, um sowas zu machen.
Timo: Natürlich. Ich bin auch viel unterwegs. Und inzwischen habe ich das Problem, dass ich gar nicht hinterherkomme mit dem Einstellen der Bilder. Ich habe noch so viele da liegen. Ich bekomme es dann selber auch gar nicht hin, die Bilder bei europlan hochzuladen.
Schaut ihr euch auch selber an, welche Plätze auf Europlan keine Bilder haben und fahrt dann dahin?
Timo: In gewissem Maße ja. Wenn es einer Entscheidung bedarf: Fahre ich heute zu Stadion A oder Stadion B, dann fahre ich eher dahin, wo es noch keine Bilder gibt. Aber das sind dann eher lokale Entscheidungen, wenn es hier im Umkreis liegt.
Wie steht ihr zu den modernen Stadionbauten, die bei vielen Groundhoppern in der Kritik stehen?
Thomas: Die stehen bei mir auch in der Kritik. Die Einheits-Beton-Bunker die schrecken mich auch eher ab. Viele Stadien sehen inzwischen gleich aus. Da macht das Fotografieren auch nicht mehr so viel Spaß.
Wie sehr überrascht es euch denn, wenn ihr mal Bilder zugeschickt bekommt, die irgendwo aus der unbekannten Provinz kommen, dann aber doch was zu bieten haben? Bekommt ihr durch die Bilder dann Inspiration?
Thomas: Auf jeden Fall. Irgendwo taucht immer wieder ein schönes Stadion auf mit ner schönen Tribüne oder ähnlichem mehr.
Timo: Ich habe mittlerweile einen Ordner angelegt, wo ich schöne Bilder reinstelle, bei denen ich denke: Da muss ich auch mal hin. Da will ich auch mal Bilder machen.
Was war da so euer größtes Aha-Erlebnis?
Thomas: Ja, das passiert eigentlich laufend. Da gibt es jede Woche mal so ein Aha-Effekt.
Timo: Bei mir war es dieses Halbemond-Stadion in Norddeutschland, das ich vorher überhaupt nicht kannte. Das liegt irgendwo in Ostfriesland und ist eigentlich ein Motodrom mit so ner ovalen Rennstrecke. Das war ein Aha-Erlebnis, als ich die Bilder gesehen habe. Ansonsten hat man immer die Ligen auf dem Schirm. Aber besonders toll ist, wenn irgendwo in einer richtig großen Schüssel Kreisliga gespielt wird.
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