Würges – RSV-Stadion “Goldener Grund”

Zu Gast bei: RSV Würges – TuS Nordenstadt / Gruppenliga Wiesbaden // Endstand: 1:1 // Zuschauer: ca. 120 // 16.05.2018


Wenn in Würges die Glocken läuten, dann muss das nicht unbedingt mit der Kirche zu tun haben. Denn fleißig geläutet wird auch im Stadion “Goldener Grund”. Wenn der RSV Würges Heimspiel hat, dann klingelt’s. Warum, das hat Gotthilf Habedurst bei seinem Besuch herausgefunden.

Auf den ersten Blick ist das RSV-Stadion “Goldener Grund” einfach eine ganz hübsche Anlage mit überdachter Holztribüne. Aber schnell wurde es auch Gotthilf klar: Beim Besuch steht nicht allein das im Vordergrund, was man sieht, sondern auch, was man hört. Denn das Besondere, nein das Einzigartige an diesem Stadion ist die Glocke, die hoch über der Stadionsprecherkabine in einem Glockenturm verbaut ist.

“Immer, wenn unser RSV im Angriff ist und es gefährlich wird, dann ziehe ich hier am Seil und läute kräftig die Glocke”, erklärt Stadionsprecher Olaf Bänsch. Zu seinem Job gehören eben nicht nur die normalen Ansagen. Bänsch ist auch der Glöckner vom Goldenen Grund. “Die Glocke unterstützt nochmal die Spannung der Spieler vorm Tor.”




Auch Ärger hat die Glocke schon mal verursacht. Ein Schiedsrichter hat vor Jahren die Glocke
als “manipulatives Element” ausgemacht und im Spielbericht vermerkt. “Der hat aber dann vom Schiedsrichter-Obmann Ärger bekommen. Er solle sich vor den Spielen mit den Gegebenheiten auf den Plätzen vertraut machen”, so Bänsch. Und die Glocke gehört eben zu Würges dazu.

Dass es überhaupt eine Glocke in Würges gibt, ist einem der größten Momente der RSV-Vereinsgeschichte geschuldet. 1980 musste der RSV in der 2. Runde des DFB-Pokals zum damaligen Zweitliga-Absteiger OSC Bremerhaven reisen. Als Hessenligisten hatten sich die RSV-Akteure eigentlich kaum Chancen auf ein Weiterkommen ausgerechnet. Und dann habe sie doch mit 2:0 gewonnen. “Zur anschließenden Party hatte unser damaliger Präsident ein Schiff gemietet. Die ‘Soythe Deern’.”

Die Fans des Sensations-Siegers hatten es schnell auf die Schiffsglocke abgesehen. Von einem solchen Fußball-Festabend brauche man schließlich ein Erinnerungsstück. “Einige wollten die Glocke einfach so mitgehen lassen. Der Kapitän hat dann seinen Großvater als Aufpasser neben die Glocke gesetzt”, erinnert sich Erich Brands, der damalige Kapitän der legendären RSV-Elf. Schließlich wurde man sich aber auf legalem, finanziellem Weg einig. “Wir haben die Glocke für eine Ablösesumme von rund 600 Mark dann bekommen.”

Mit der Glocke zuhause angekommen, wurde das gute Stück erstmal an die Hauswand des Vereinsheims montiert, aber nur zu besonderen Spielen geläutet. Als dann das Stadion ausgebaut und überdacht wurde, haben die RSV-Verantwortlichen auch einen Glockenturm auf die Kabine des Stadionsprechers drauf gesetzt. Und dort ist die ehemalige Schiffsglocke nun fest verbaut. “Von da an hat sich das so entwickelt, dass dann immer in gefährlichen Situationen geläutet wird”, so Brands.

Seither ist die Glocke viel bestaunter Anlaufpunkt für viele Fußballfreunde. Die Kirche hat übrigens kein Problem damit, dass ein sakraler Gegenstand für eine wenig göttliche Angelegenheit gebraucht wird. “Manchmal läuten wir zur vollen Stunde mit der Kirchenglocke um die Wette”, schmunzelt Stadionsprecher Hänsch. Wegzudenken ist dieses besondere Merkmal aus dem Vereinsleben des RSV Würges ohnehin nicht mehr, sagt Spielerlegende Erich Brands. “Wir sind stolz auf unsere Glocke. Die gehört zum RSV einfach dazu.”

 

Bilder: RSV Würges / Gotthilf Habedurst

 


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