Fußballplatz Nordostgelände Helgoland, SG Sengwarden/Fedderwarden – PSV Braunschweig 6:0, 21.08.2021
🗓 37/2021
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⚽️ Freundschaftsspiel
Nach Halbemond nun Helgoland. Die Fußballer vom PSV Braunschweig haben sich noch einmal übertroffen, wenn es darum geht, ein Spiel auf einem Fußballplatz zu organisieren, der ansonsten brach liegt. Mehr als 600 Menschen konnten die Braunschweiger dazu bewegen, den weiten und auch nicht ganz günstigen Weg auf die Insel auf sich zu nehmen. Das Wetter hat alle Fußball-Enthusiasten belohnt. Es war ein toller Tag mit vielen Bekannten und Freunden. Was die Veranstaltung ausgemacht hat und wie groß der organisatorische Aufwand war, das wollte Gotthilf von Nils Burgdorf wissen. Er ist Spielertrainer und eine der treibenden Kräfte hinter der Organisation der besonderen Fußballspiele.
Nils, schönes Wetter, volle Hütte. Vom ersten Anschein her müsstet ihr heute zufrieden sein mit dem Tag, oder?
Wir sind natürlich mit dem dem Projekt und der Umsetzung komplett zufrieden. Das Wetter ist der absolute Wahnsinn. Ich glaube, jeder der hier war, hatte das Gefühl, das wir schon bei der Ankunft hatten: Das ist noch geiler, als es auf den Bildern aussieht. Und dann stehen wir jetzt hier noch im T-Shirt, während die Sonne knallt. Trotzdem bin ich natürlich auch immer noch ein bisschen Spieler und Trainer. Und wenn man 0:6 untergeht, dann muss man schon auch einen Moment angefressen sein. Und das war auch maximal unnötig. Da wird es noch ein paar Einheiten geben. Ich habe gehört, hier auf der Insel gibt es eine Klippentreppe von 300 Metern. Darauf können sich die Jungs schon freuen morgen.
Welchen Stellenwert hat so ein Ergebnis am Ende des Tages?
Im Projektteam würden wir sagen: Überhaupt nicht wichtig. Es gibt zwei wichtige Dinge. Das eine ist, dieses Projekt hier zu ermöglichen und das andere ist, es einfach abzufeuern. Wenn so viele Leute kommen, dann ist das einfach eine Wertschätzung für uns. Auch, wenn jeder als Zuschauer sagt: Ihr seid geil, weil ihr das für uns hier ermöglicht, brauchen wir auch die Leute, die das cool finden. Insofern ist das ein Geben und Nehmen. Und für uns ist das hier so besonders gewesen. Die Jungs haben sich so gefreut. Wir spielen 2. Kreisklasse, kommen aus Braunschweig und es kommen so viele Menschen hierher, um uns Fußball spielen zu sehen. Natürlich ist uns klar, dass die nicht kommen würden, wenn wir nicht hier auf diesem Platz spielen würden, aber es ist natürlich trotzdem ein fucking geiles Gefühl, vor so vielen Leuten zu spielen. Und die Stimmung, die hier war, war super. Die Leute waren einfach glücklich und fröhlich. Das war einfach super angenehm.
Was war der größtes Unterschied zum Spiel im Motodrom in Halbemond im vergangenen Jahr?
Der größte Unterschied war der, dass wir hier einen fertigen Fußballplatz haben. Das hat uns geholfen. Hier ist halt die Örtlichkeit das Besondere gewesen. Die ganze Logistik auf die Insel zu bekommen, war natürlich schon eine Herausforderung. Wir hatten natürlich den Anspruch, dass wir Wolters Pilsener ausschenken. Aber die Frage war: Wie kriegen wir das hier hin? Es gibt hier einen einzigen Caterer auf der Insel. Und der sagt: Ich hab nicht den Zapfanschluss für Wolters. Das geht nicht. Gut, dann muss man daran halt ein paar Monate arbeiten, bis das geht. Das sind dann Ansprüche, die wir haben. Das alles hierher zu kriegen und dass genug Leute kommen, darum ging es.
Und nicht nur die Klamotten hier rüber zu bekommen, sondern auch die Frage: Nehmen die Zuschauer die Herausforderung an, nehmen sie den langen Weg auf die Insel auf sich…
Da sind wir schon überwältigt. Erstmal, dass Christoph von Passion&Football gesagt hat, dass er uns einen Online-Ticketshop basteln kann. Das war eine Erleichterung. So konnten wir früh planen. Und das, was dann an Bestellungen da reingekommen ist, war überwältigend. Wir haben gedacht, da gibt es vielleicht so 80 oder 100 Verrückte, die das machen. Aber dann verkaufen wir in den ersten 40 Stunden 400 Karten. Da habe ich gedacht: Das kann doch nicht deren Ernst sein.
Schon immer wieder interessant, was für ein Begeisterungspotenzial in solchen Aktionen steckt. Wieviel Menschen investieren, um solch seltene Groundperlen kreuzen zu können. Jetzt fragt man sich natürlich als gemeiner Groundhopper: Halbemond, Helgoland – was soll jetzt noch kommen?
Da will ich nicht zu viel sagen. Aber mein Projektkollege hat es ja eben schon gesagt: Das soll es noch nicht gewesen sein. Wir sind weiterhin heiß. Ihr Fußballverrückten motiviert uns und wir haben auch Bock. Also: Es wird was geben. Aber natürlich werden wir jetzt nicht sagen, was es wird.
Ich will dich ja gar nicht in Bedrängnis bringen. Aber natürlich gab es auch heute schon Gedanken unter den Leuten hier, was dann potenziell noch möglich wäre. Gerade vom Kaliber Halbemond und Helgoland gibt es jetzt ja nicht so schrecklich viel …
Höher, schneller, weiter – natürlich kitzelt das. Wir wollen ja nicht irgendeinen Schulsportplatz in Braunschweig bespielen. Wir wissen es jetzt auch noch nicht genau. Ich bin mir nur sicher, wir werden wieder was Gutes auf die Beine stellen. Und man muss nochmal dazu sagen: Wir haben beide Veranstaltungen in einer Pandemie durchgezogen. Das ist ja schon unwirklich. Wie lange die uns begleitet, das wissen wir natürlich nicht. Aber es zeigt auch, es ist möglich. Und es hat Hand und Fuß gehabt, es war nicht Wildwuchs und unverantwortlich. Sondern es ist uns auch viel zu wichtig. Das wäre ja noch schöner, wenn wir hier Sachen machen, die die Gesundheit von vielen Menschen gefährdet. Aber natürlich haben wir alle die Hoffnung mit Blick auf das nächste Jahr, dass wir das Virus weiter eingedämmt kriegen und dass es einfacher wird. Das sind natürlich Chancen und Potenziale, die wir dann auch nutzen wollen.
Was macht das eigentlich mit einer Mannschaft und einem Verein, der so viele Organisationsaufgaben auf sich nimmt, um sowas wie heute auf die Beine zu stellen. Welche Wirkung hat das im Verein und für das Team?
Für uns ist ganz klar, dass diese Projekte einen großen Mehrwert haben für die Leute, die hier bei uns spielen. Ich sehe das gerade hier im Hintergrund. Wir sind hier mit 28 Personen als 2. Kreisklassen-Mannschaft drei Tage nach Helgoland gekommen für eine Art Mannschaftsfahrt bzw. Trainingslager. Ich sag da immer als Beispiel: Wir kommen aus Braunschweig und Eintracht Braunschweig macht auch einmal im Jahr ein Trainingslager und da sind die Spieler vertraglich verpflichtet, weil das ihr Beruf ist ins Trainingslager zu fahren. Aber die hatten noch nie 28 Spieler im Trainingslager. Das sagt ja was aus. Und dazu haben wir einfach eine tolle Truppe. Die wollen was los machen. Wir haben natürlich Leute, die die Antreiber sind und die Ideen haben. Aber all die anderen in der Mannschaft fragen auch: Wo kann ich helfen? Wo kann ich mit anpacken? So haben unsere Leute auch das Gefühl, wir konsumieren das nicht, sondern sind Teil des Ganzen. Und das ist dann am Ende einfach ein geiles Gefühl, wenn man hier noch gemeinsam mit ein paar Fässern Bier sitzt. Und das eine habe ich meinen Jungs auch mitgegeben: Wenn wir schon sportlich auf dem Platz unterlegen ist, dann müssen wir wenigstens die dritte Halbzeit gewinnen. Und ich glaube, auf dem Gebiet wird Sengwarden/Fedderwarden untergehen heute Nacht (lacht).
Sportliche Ziele, für die es sich zu kämpfen lohnt. Was ich persönlich sehr wichtig an eurem Engagement finde: Es braucht immer neue Ideen, um Amateurfußball attraktiv zu halten für Spieler, aber auch für Fans. Da braucht es meines Erachtens emotionale Trigger.
Das ist ja hier auch ein Zeichen. Wir haben wieder Saison. Alle Leute, die hier dabei waren, haben einen Stamm-Profiverein, den sie unterstützen. Und hier kommen über 600 Leute her, obwohl es Samstag ist und ihre eigenen Vereine spielen. Wenn ich sehe, wieviele Eintracht Braunschweig-Allesfahrer hier sind, die sich entscheiden haben nach Helgoland zu kommen, obwohl Heimspiel ist, dazu die ganzen Hamburger, die Münchener, die Frankfurter. Dann muss man auch mal hinterfragen: Warum machen die das? Und ich glaube, dann können wir nicht soviel falsch gemacht haben. Denn hier findet man den ehrlichen Sport, in den wir uns glaube ich alle verliebt haben. Und an diesem Sport versuchen wir auch zu feilen. Wir wollen, dass das hier das Ideale ist. Umso mehr Menschen unseren Projekten auch folgen, desto näher kommt es an das Gefühl, was uns alle zum, Fußball gebracht hat. Der Kommerz ist das eine, jetzt kommen noch die ganzen Corona-Regularien dazu, die zumindest den professionellen Fußball sehr schwierig machen. Und man entfernt sich immer weiter. Alles gipfelt ja spätestens in den weltweiten Länder-Turnieren EM und WM, womit sich nahezu niemand mehr identifizieren kann. Das macht ja auch vor der 1., 2. und 3. Liga nicht Halt. Da kann der Amateurfußball schon eine Nische sein. Und das merkt man, dass die Leute danach suchen.
Das hat Corona sicherlich auch befeuert. Aber die Amateurvereine müssen es auch aufnehmen. Die Menschen kommen nicht von alleine auf die Sportplätze. Da müssen die Vereine etwas für tun. Und deswegen sage ich auch vielen Dank für diese ganz ganz tolle Veranstaltung, für die großartige Organisation. Ich bin sehr gespannt und freue mich aufs nächste Jahr.
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