Zu Gast bei: FC Karben – TSG Ober-Wöllstadt // Endstand: 3:2 // Kreisoberliga Friedberg (Hess) // Zuschauer: ca. 80
In Karben lebt der Fußball mit all seinen Geschichten. Es ist schließlich der Ort, an dem Bayern-Legende Sepp Maier das Tor verließ.
“Manchmal gibt es echte Jackpot-Abende”, dachte Gotthilf Habedurst bei sich und nippte genüsslich an seinem Glas Äbbelwoi. Der Abend roch zunächst jedoch nach herber Enttäuschung, denn ZACK! hatte die berüchtigte Nebenplatzfalle erneut zugeschlagen. Das Kreisoberliga-Spiel zwischen dem FC Karben und der TSG Ober-Wöllstadt wurde auf dem schmucklosen Nebenplatz ausgetragen. Der FCK musste sich seine letzte Hoffnung im Aufstiegsrennen dabei zu bleiben auf einem stumpfen Kunstrasenplatz erkämpfen. Doch das geriet für Gotthilf schnell zur Nebensache. Die etwa halbstündige Reise vor die Stadtmauern Frankfurts sollte sich anderweitig lohnen.
Peppi und die Bayern
Es geschah beim routinemäßigen Platz-Rundgang. Hinter dem Tor schwankte ein dünner Flutlichtmast bedrohlich im pfeifenden Wind und malte ein Lichtspiel auf den Kunstrasen. Gotthilf dachte: “Na, ob das hält?” Und während er darüber sinnierte, sprach ihn ein älterer, graumelierter und bebrillter Herr an: “Mache se sisch kaane Sorsche. Des is sischä!”
Hopper Habedurst, alles andere als kontaktscheu, kam sofort mit dem Herrn ins Gespräch. Josef “Peppi” Frank, 79 Jahre alt, früher Spieler in Karben und heute Faktotum rund um den Fußballverein in der Frankfurter Vorstadt. “Wisse se wer hier schon alles gespielt hat?! Die Eintracht, die Bayern, die Sechz’ger und Kaiserslautern.” Nicht schlecht, Gotthilf will mehr wissen. Aber der Reihe nach.
6.000 kommen, um die Bayern zu sehen
Das Spiel gegen die Bayern hatte der ortsansässige Möbelbauer Lamprecht Mitte der 1960er organisiert. “Der Lamprecht stand bei uns im Tor”, erinnert sich Peppi Frank. Die noch jungen Bayern-Stars Sepp Maier, Gerd Müller und Franz Beckenbauer hatten am Vortag ein Ligaspiel in Offenbach absolviert. Quasi zum Auslaufen schickte Trainer “Tschik” Cajkovski seine Bayern-Elf gegen den KSV Klein-Karben auf den Rasen des Günter-Reutzel-Sportfeldes.
Für die Bayern wohl nur Spaß, für die Karbener ein bedeutender Fußballtag. “Es waren wohl rund 6.000 Zuschauer hier”, erinnert sich “Peppi” Frank. Und die sahen mit an, wie Torwart Sepp Maier zur Überraschung aller nicht in der gewohnten Torhüter-Kluft auf dem Feld erschien, sondern im Feldspieler-Dress. “Der war auf einmal Verteidiger. Auf dem Feld hat er nur Unfug und Späße gemacht”, denkt Frank an den Fußballtag zurück. Für Möbelbauer Lamprecht war es auch im Nachhinein ein gutes Geschäft. “Der hat dem Sepp Maier später einen massiven Holzschrank gebaut und geliefert. Der war bestimmt drei Zentner schwer”, so “Peppi” Frank.
Karben erobert Fußball-Hessen
Erfolg hatte der KSV Klein-Karben aber nicht nur bei der Organisation von namhaften Testspiel-Gegnern. Auch im Liga-Spielbetrieb kannten die Wetterauer lange Zeit nur eine Richtung: Nach oben. Große Namen waren Teil der Karbener Erfolgsgeschichte. Der legendäre frühere BVB-Nationalspieler Lothar Emmerich war von 1988 bis 1990 Trainer des KSV.
Der Weg des KSV gipfelte im Jahr 2000, als die erste Mannschaft die Meisterschaft in der Oberliga Hessen erringen konnte. “Auf den Aufstieg in die damalige Regionalliga haben wir allerdings verzichtet. Wir hatten zwar viele Gönner, aber das finanzielle Risiko wäre trotzdem zu hoch gewesen für unseren kleinen Verein.”
Der schleichende Untergang
Noch bis 2010 konnten sich die Karbener in der Hessenliga halten. Danach ging es stetig bergab. Heute heißt die Realität Kreisoberliga und der Verein nicht mehr KSV Klein-Karben, sondern FC Karben. Die Fußballabteilung hat sich nach Unstimmigkeiten mit dem Gesamtverein und den anderen Sparten ausgegliedert. Mit etwas Glück könnte es in dieser Saison wieder einen Aufstieg und damit eine Trendwende geben.
Das Stadion mit seiner schmucken Haupttribüne könnte jedenfalls höherklassigen Fußball vertragen. Auch die Gegengerade mit immerhin zwei Stufen trägt zu einem schönen Gesamtbild bei. Jedenfalls wird Gotthilf Habedurst hier erneut vorstellig. Denn: “Normalerweise spielt unsere erste Mannschaft auf dem Hauptplatz. Der ist nur heute viel zu aufgeweicht vom Regen der letzten Tage”, erklärt Peppi. “Wenn du widdäkommst, dann drinke mer zesamm ä Schobbe”, kündigt der sympathische Rentner an. “Darauf kannst du dich verlassen”, erwidert Gotthilf. Der Letzte macht das Licht aus!
Gotthilfs Interview mit Peppi und zum Nachhören (inklusive Torjubel bei min 06:58):
So geht’s zum Günter-Reutzel-Sportfeld
Links:
Homepage des FC Karben
Instagram-Seite des FC Karben
Wiki zum KSV Klein-Karben
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